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Erste Hilfe für die Seele

Oberberg – Gestern wurden 14 neue Notfallseelsorger feierlich ernannt.

Von Astrid Deckers [Text und Fotos]

Gestern Abend wurden gleich 14 neue Notfallseelsorger für den Oberbergischen Kreis in einem Beauftragungsgottesdienst ernannt. In der evangelischen Kirche Müllenbach wurde mit ihnen und ihren Familien ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert. Notfallseelsorger kommen, angefordert von der Leitstelle, bei akuten Notlagen zum Einsatz und hören zu trösten, stützen und begleiten die von einem Schicksalsschlag Betroffenen während der ersten zwei bis drei Stunden in ihren Krisensituationen. 

[Absolventin Kerstin Brüning bekam von Bianca van der Heyden den Pin der Notfallseelsorge und einen Segensspruch überreicht.]

Um das, was sie sehen und hören, ertragen zu können, müssen sie gewisse Bedingungen erfüllen und Fähigkeiten mitbringen. Die körperliche und seelische Stabilität gehört ebenso wie ein Mindestalter von 27 Jahren zu den grundlegenden Voraussetzungen. Bei der Notfallseelsorge Oberberg, die die einzige ökumenische oberbergische Verbindung ist, gehört auch die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche hinzu. Aktuell verzeichnet die Notfallseelsorge Oberberg knapp 50 aktive Helfer, inklusive vier muslimischer Notfallbegleiter. Da gerade ein Generationenwechsel bei den Notfallbetreuern stattfindet, freuen sich der evangelische Kirchenkreis an der Agger und der Verband der katholischen Kirchengemeinden im Oberbergischen Kreis umso mehr, gleich 14 neue Seelsorger erfolgreich ausgebildet zu haben. 

Die hauptamtliche Koordinatorin Sigrid Marx akquiriert neue Seelsorger, unterstützt und berät die Aktiven, organisiert drei verpflichtende Supervisionen im Jahr und ist der Dreh- und Angelpunkt für alle Fragen rund um den oberbergischen Notfallseelsorgebereich. Unregelmäßig anberaumte Teamgespräche und gemeinsame Aktionen unterstützen die Notfallhelfer dabei die Belastungen, die ihr Ehrenamt mit sich bringt, besser zu verarbeiten. Im August 2024 hatten alle neuen Seelsorger an einem Informationsabend teilgenommen. Im Anschluss an einen erfolgreich absolvierten Eignungstest starteten sie im November ihre rund 120 Stunden umfassende Ausbildung. Im Rahmen des Gottesdienstes erinnerte sich Marx an viele bewegende Momente während dieser Zeit.

[Familien und Freunde füllten die gut besuchte Müllenbacher Kirche, um mit ihren Angehörigen deren Einstieg in das anspruchsvolle Ehrenamt zu feiern.]

Alle Teilnehmer hätten vieles neu gelernt, aber auch oft gemeinsam gelacht und ab und an eine Träne vergossen. Bei den in den vergangenen Wochen absolvierten Hospitationen im aktiven Dienst hätten alle sich in ihrem Wunsch bestärkt gefühlt, das Richtige für sich gefunden zu haben, und sie sei sehr dankbar dafür, dass niemand aufgegeben habe.

Auch Landespfarrerin Bianca van der Heyden wandte sich mit emotionalen Worten an die Absolventen. Sie habe an den zwei Tagen ihrer Anwesenheit eine Gruppe kennengelernt, die sie sehr überzeugt hätte und dies nicht nur leistungstechnisch, sondern auch menschlich. Selbst nach einer harten Arbeitswoche hätten alle an den Schulungen begeistert und motiviert teilgenommen, dies habe sie sehr beeindruckt. So habe sie allen eine Anstecknadel mit dem Logo der Notfallseelsorge und einen geschriebenen Segensspruch mitgebracht, um ihrer Wertschätzung Ausdruck zu verleihen. 

[Kreisdechant Christoph Bersch und Pfarrerin Birgit Iversen-Hellkamp gaben den drei männlichen und elf weiblichen Absolventen Gottes Segen mit auf den Weg.]

Im Anschluss an den Gottesdienst hatte der Förderverein der Ökumenischen Notfallseelsorge Oberberg alle Gäste zu einem Sektempfang ins benachbarte Pfarrhaus eingeladen. Dort erklärte Vorstandsmitglied und aktive Notfallbetreuerin Stefanie Krumm auf die Frage, welchen beruflichen Hintergrund man haben sollte, um ehrenamtlich im Team aktiv zu werden und wie man die im Notfall gesammelten Eindrücke verkraften könne: „Notfallseelsorger sind so vielfältig wie ihre Herausforderungen“ und „Man bekommt immer mehr zurück, als man gibt.“

Artikel erschienen in www.oberberg-aktuell.de/soziales „Erste Hilfe für die Seele“ am 23.08.2025

Weitere Bilder unter Impressionen 2025 (vom Berufungs-Gottesdienst)

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„Keine klugen Ratschläge“

Aus dem Ehrenamts-Adventskalender des OBK: 10.Dezember 2020

Plötzliche Todesfälle sind schwer zu begreifen. Oft stehen Angehörige unter Schock, wllen und sollten besser nicht alleine sein. In solchen Fällen können Ärzte und Rettungskräfte Notfallseelsorger hinzuziehen. Menschen wie Ralf Pütz.

Meist ist es am Abend oder in den frühen Morgen-stunden, wenn während seiner Bereitschaftszeiten das Handy klingelt. Dann setzt Ralf Pütz sich ins Auto und wappnet sich für das, was ihn erwartet. Ein Unfall, ein Suizid, ein Herzinfarkt oder Schlaganfall. Auf den Fahrten betet der gläubige Christ: „Auf dem Hinweg bitte ich um Schutz und Hilfe, auf der Rückfahrt danke ich.“ Wenn Angehörige das wünschen, betet er auch mit ihnen – unabhängig davon, welcher Religion sie angehören. Aber nur, wenn sie es wünschen.
Erstmal kommt er an, kondoliert, stellt sich vor. Redet und hört zu. „Am wichtigsten finde ich es, keine klugen Ratschläge zu geben“, betont er. „Das kann in so einem Moment niemand gebrauchen.“ Besser, gemeinsam auszuhalten, wenn Worte fehlen. Mit den Angehörigen zusammen Lichtblicke zu finden, die nächsten Schritte klar zu bekommen. Und so lange zu bleiben, wie er gebraucht wird. Ein weiteres Mal kommt Ralf Pütz nicht. Bei Bedarf verweist er an Einrichtungen und Ansprechpartner.

Ein herausforderndes Engagement zwischen Mitfühlen und Selbstschutz. Damit das gelingt, hat Ralf Pütz eine mehrwöchige Ausbildung absolviert. Hierbei hat ihm einer der Referent ein griffiges Bild mitgegeben: „Ich lege mir selber einen imaginären Hula-Hoop-Reifen an, um den nötigen Abstand zu halten“, sagt der 57-Jährige, der sich außerdem in der Trauer- und Sterbebegleitung engagiert. „Ich fühle mit, aber ich leide nicht mit.“ Eine Haltung, mit der sich schwierige Momente gut meistern lassen. Was außerdem unterstützt: Austausch mit anderen Notfallseelsorgern, regelmäßige Supervision und Rückhalt von engagierten und kompetenten Hauptamtlichen seines Trägers: der katholischen und evangelischen Kirche in Oberberg.

Und in Zeiten der Pandemie? Hat sich natürlich auch dieses Ehrenamt verändert. Vom Oberbergischen Kreis gab es eine Verordnung für hygienegemäßes Verhalten sowie Schutzkleidung. „Außerdem hat man sich erkundigt, ob wir trotz Corona weitermachen“, erinnert sich Ralf Pütz. Eine Frage, die sich für ihn nicht gestellt hat.

Auch, wenn er natürlich vorsichtiger ist im direkten körperlichen Kontakt – sowohl bei seinen Einsätzen als auch in anderen Lebensbereichen. „Solange es aber irgendwie vertretbar ist, gehe ich mit den Menschen in ihre Wohnungen“, betont er. Weil es in einer solchen Situation den Rückzug in die eigenen vier Wände braucht. Das Vertraute, den Schutz. Und am besten jemanden, der die Hand hält oder auch mal in den Arm nimmt.

Letzte Änderung: 9. Dezember 2020 aus: https://www.obk.de/cms200/ehr_int/ehr/gut/av/
hier: Oberbergischer Kreis: Ehrenamts-Adventskalender: 10.Dezember 2020 (obk.de)